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Ich komme nicht zum Orgasmus

Orgasmus
Foto von Marina Ryazantseva von Pexels

Viele Frauen kommen beim Geschlechtsverkehr mit ihren Männern nicht zum Orgasmus. Das ist immer noch eine häufige Fragestellung, mit der mich Frauen aufsuchen. 

 

Laut einer Studie, die 2018 in der Fachzeitschrift "Archives of Sexual Behavior" veröffentlich wurde, kommen in heterosexuellen Beziehungen nur 65% aller Frauen beim partnerschaftlichen Sex zum Höhepunkt. 

 

Die Männer dagegen zu 95%. Und wer behauptet, dass Frauen es einfach schwerer haben, den lässt die Prozentzahl der lesbischen Frauen, die beim Sex mit ihrer Partnerin zum Orgasmus kommen, die Argumentationsgrundlage wacklig werden. Die liegt nämlich bei 86%.

 

Dieser Blogbeitrag öffnet ein wenig den Blick in meine Coachings und gibt ein paar Anhaltspunkte, was du tun kannst.

 


Der Fairness zu Güte

Nun einmal ganz von Anfang an: Es sind immer noch meistens Frauen, die keinen Orgasmus beim Sex erleben. Doch es gibt auch einen gewissen Prozentsatz Männer, denen es schwer fällt, beim Sex zum Orgasmus zu kommen. Das möchte ich der Vollständigkeit halber sagen. Denn auch das Ausbleiben des männlichen Orgasmus kann das Liebesleben unter Druck setzen.

 

Dieser Artikel befasst sich jedoch mit dem weiblichen Orgasmus. 

 

Ein kleiner, aber wichtiger Unterschied

Wenn du als Frau über Orgasmus-Probleme berichtest, gibt es einen ganz wichtigen Unterschied, der auch das Vorgehen in der Lösungsfindung und Coaching maßgeblich beeinflusst:

 

Kommst du NIE zum Orgasmus (auch nicht bei der Selbstbefriedigung) ODER kommst du nur beim Sex nicht zum Orgasmus?

 

Diese Unterscheidung ist wirklich wichtig. Denn wenn du nie zum Orgasmus kommst, was auch immer du machst, geht es darum, einen Orgasmus von Grund auf zu lernen oder darum, herauszufinden, wie du Orgasmen zulassen kannst. 

 

Bist du jedoch prinzipiell in der Lage zum Höhepunkt zu kommen, geht es oft darum, dein Orgasmusmuster zu identifizieren und dann Schritte zu üben, wie du den Orgasmusreflex auch beim Sex auslösen kannst. Oder es geht darum, deinem Partner zu kommunizieren, was du brauchst.

 

Vaginal oder klitoral zum Orgasmus kommen

Kommen wir zu einem Punkt, der wirklich vielen Frauen Stress bereitet: Sie kommen beim Penetrationssex (also Penis in Vagina) nicht oder nur schwer zum Orgasmus.

 

Dass dieses Problem überhaupt ein Problem ist, verdanken wir zu großen Teilen unserem lieben Herrn Freud. Er postulierte, dass der klitorale Orgasmus ein Mädchen-Orgasmus sei und eine reife Frau ihre Orgasmusfähigkeit in der Vagina hat. Tja. Was soll ich sagen? Heutzutage weiß man, dass daran einfach kein bisschen Wahres ist.

 

Ob vaginal oder klitoral - alle Orgasmen sind super!

 

Der vaginale Orgasmus ist deshalb noch lange kein Mythos! Man schätzt nach Umfragen, dass jede 3. Frau beim Penetrationssex zum Orgasmus kommen kann. Man mutmaßt, dass die Klitoris in diesen Fällen anatomisch so günstig sitzt, dass sie einfach gut mitstimuliert wird. Und natürlich gibt es Frauen, die auch in ihrer Vagina wundervoll lustvolle Punkte besitzen. Doch das ist kein Muss und wenn du sie nicht hast, ist das auch kein Defizit!

 

Ist der Orgasmus so wichtig?

Ob dir ein Orgasmus wichtig ist oder nicht, das sollte jede für sich entscheiden. 

 

Nach den Jahren Sexualberatung komme ich zu dem Bild, dass Orgasmen definitiv nicht unwichtig sind. Denn wenn ich die Geschichten meiner Klientinnen mit diesem Problem betrachte, verlieren ein großer Teil von ihnen die Lust auf Sex. Häufig fühlen sie sich auch nicht vollständig oder können sich immer weniger zu Sex motivieren. 

 

"Wozu Sex, wenn ich es mir selbst zuverlässig machen kann?" ist da oft die Kernaussage. 

 

Also geht es darum, nicht in einen Orgasmus-Druck zu kommen. Und es geht darum, dass der Höhepunkt auch mit Partner möglich ist. Denn wer nicht zum Orgasmus kommen muss, aber durchaus kann, der kann sich viel freier im Liebesspiel bewegen.

 

Das kannst du tun

Keine falsche Scham

Solltest du bei der Selbstbefriedigung zum Orgasmus kommen, beobachte deinen Körper dabei, was du machst. Wenn du über Reibung, Druck oder Vibration an deiner Klitoris zum Orgasmus kommst, dann erwarte nicht, dass ein Penis deine Bedürfnisse erfüllt. Dann geht es eher darum, deinem Partner zu sagen, was du brauchst. Wenn ihr dann gemeinsam mehr darauf achtet, hat sich das Problem ziemlich leicht gelöst.

 

Ausprobieren

Wenn deine Selbstbefriedigungsroutine nicht so wirklich Sex-kompatibel ist, dann heißt es ausprobieren und dran bleiben.

 

Beispielsweise gibt es viele Frauen, die über hohe Anspannung und mit zusammengepressten Beinen zum Orgasmus kommen. Dass du dann breitbeinig in der Reiterstellung deinen Orgasmusreflex nicht so leicht abrufen kannst, ist absolut logisch (in der Welt der körperorientierten Sexualpädagogik). Da braucht es ein paar Lernschritte dazwischen, indem du kleine Veränderungen in deiner Gewohnheit veränderst. In diesem Beispiel könntest du damit anfangen, mit An- und Entspannung abzuwechseln oder die Beine nicht die ganze Zeit anzupressen.

 

Und wenn du noch nie zum Orgasmus kamst, dann beginne damit, dich selbst zu entdecken. Probiere aus, was dir gefällt und mach das möglichst ohne den Druck, Orgasmen bekommen zu müssen. Betaste und streichle deine Vulva neugierig. Und wiederhole das so oft du magst, damit du die guten Gefühle intensivieren lernst. 

 

Werde zu deiner Expertin

Diesen Punkt nehme ich auf, weil ich häufig Frauen erlebe, die sich sehr daran festhalten, was ihre Partner zu ihnen sagen. Gerade der Vergleich mit anderen Liebhaberinnen oder mit "ich habe gelesen"-Argumenten kann zwar Ideen liefern, aber manchmal eben nicht unbedingt die Lösung sein.

 

Schau selbst, was DIR gut tut und was DIR hilft, Höhepunkte zu erleben. Probiere Anregungen aus und bleib dran, auch wenn es nicht sofort hilft. Denn Orgasmen sind körperliche Lernprozesse. Die brauchen ihre Zeit bis sie sitzen. 

 

Hilfe Holen ist erlaubt

Es mag irritieren und manchmal kostet der Schritt Überwindung, doch es ist absolut in Ordnung, sich Hilfe bei Experten zu holen. Denn die helfen dir dabei, den Schritt zu finden, welchen du als nächstes gehen kannst. Sie verstehen deine Situation mit dir zusammen schneller und können dir mit ihrer Expertise gezielte Informationen geben und Übungen vorschlagen, die zu deiner Situation passen. Denn der eigene Weg ist meistens super, doch dauert er oft länger als die meisten Geduld haben.